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Vorwurf

Faktencheck

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Der Turm wäre ein unumkehrbarer Schritt hin zu einem bis jetzt überhaupt nicht finanzierten Gesamtkonzept! Wir reden von der Gefahr eines Mainzer BER oder Stuttgart 21, wenn nicht endlich Bund und Land mit dazu geholt werden.

Nein. Der Turm ist zwar der erste Bauabschnitt eines Gesamtkonzeptes. Er funktioniert aber zunächst auch ohne den zweiten Bauabschnitt.

Ja, der zweite Schritt muss noch finanziert werden. Diese Aufgabe wird begonnen, sobald der Ausgang des Bürgerentscheids es erlaubt. Die Aufgabe aber mit Verweis auf den BER und Stuttgart 21 zu vergleichen, lässt jeden Maßstab vermissen! Jedes der beiden zitierten Projekte ist mehrere Milliarden schwer. In Mainz geht es um ein Projekt, das im ersten Bauabschnitt tausendfach kleiner ist, im zweiten mehr als einhundertfach kleiner. Die Polemik solcher Vergleiche vergiftet die Diskussion und führt in die Irre.

Umgekehrt sichert allerdings der Turm den Basisbetrieb während einer späteren Generalsanierung des Schellbaus. Ohne den Turm müsste das Museum während der Generalsanierung komplett schließen.

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Bund und Land unterstützen jedoch nur dann mit Geldmitteln, wenn sie die Möglichkeit zur Mitgestaltung bekommen. Diese Unterstützung würde mit dem Turmbau im wahrsten Sinne des Wortes verbaut.

Im Gegenteil, Förderanträge müssen mit konkreten Projekten hinterlegt sein. Genau dies leistet der Ideenteil des zweistufigen Wettbewerbs, in dem die Generalsanierung und Aufstockung des Schellbaus skizziert sind.

3

Ebling & Co. rechnen sich mal wieder die Kosten schön. In Frankfurt kostete die neue Halle des Städels rund 2.000€/m³, beim Bibelturm reichen die geplanten rund 600€/m³ niemals. Woher nimmt Ebling die unausweichlich anfallenden Mehrkosten?

Ausweislich der Stadt Mainz liegt eine Baukostenberechnung für den ersten Bauabschnitt vor, die innerhalb des Budgetrahmens liegt:

„Ja, es gibt eine Kostenberechnung nach DIN 276. Basis dieser Kostenberechnung ist die Entwurfsplanung (Leistungsphase 3).
Der Kostenberechnung liegen gemäß Vorgaben der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure „durchgearbeitete Entwurfszeichnungen, Mengenberechnungen und für die Berechnung und Beurteilung der Kosten relevante Erläuterungen zugrunde.“
Diese Kostenberechnung weist Kosten aus, die innerhalb des zur Verfügung stehenden Kostenbudgets liegen.“

http://www.mainz.de/microsite/gutenberg/gutenberg-museum/zukunft-gutenberg-museum_faq.php

Im Übrigen kursieren seitens der Gegner offenbar unterschiedliche Zahlen. So sprach der Finanz- und Bauexperte der CDU, Gerd Schreiner, selbst Architekt und erklärter Turmgegner, bei der Informationsveranstaltung am 28. März im Haus am Dom von 1.000 Euro/Kubikmeter. Nun sollen es 600 Euro sein. Welche Angabe gilt?

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Der 20m hohe Turm ohne eigene Eingänge vom Platz bietet selbst kaum Nutzfläche, sondern besteht fast nur aus Treppenhaus und Aufzug.

Insgesamt werden im ersten Bauabschnitt rund 400 qm zusätzliche Ausstellungsfläche geschaffen. Der Turm verfügt zwar über keinen gesonderten Zugang, wohl aber über einen Ausgang (Fluchtweg).

Das „Erdgeschoss“ des Turmes ist integraler Bestandteil des großen unterirdischen Ausstellungsraumes. Er ermöglicht dort die mehr als sechs Meter Raumhöhe der neuen Schatzkammer und damit ein der derzeit beengten Tresorsituation völlig entgegengesetztes Raumerleben. Damit wird auch eine völlig neue, luftige Präsentation möglich.

Es gibt im ersten Obergeschoss eine weitere Ausstellungsebene sowie die Aussichtsplattform auf der obersten Turmebene.

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Der „schöne Schein“ trügt. Die sogenannte Bronzefassade des Bibelturms wird garantiert keine. Allein die Materialkosten für Kupfer und Zinn zur Herstellung der Bronzelegierung würden die geplanten Gesamtkosten übersteigen.

Ausweislich der Stadt Mainz liegt eine Baukostenberechnung für den ersten Bauabschnitt vor, die innerhalb des Budgetrahmens liegt. Bestandteil des ersten Bauabschnittes ist auch die Fassade. (vgl. Nr. 3)

Die Frage nach dem Material beantwortet die Stadt Mainz wie folgt:

„Die Frage der Materialität der Lettern-Haut wird erst in der Ausführungsplanung abschließend geklärt. Erklärtes Ziel der  Fassaden- und Lichtplanung ist es, dass der Bibelturm nach Fertigstellung wie auf den Visualisierungen dargestellt wirkt.“

http://www.mainz.de/microsite/gutenberg/gutenberg-museum/zukunft-gutenberg-museum_faq.php

6

All die schönen Bilder mit dem lichtdurchfluteten Bibelraum sind 100 % Fake. Alte Bücher brauchen es dunkel: „Die Beleuchtungsstärke … darf 50 Lux … nicht überschreiten. Die Leihgaben sollen bei künstlicher Beleuchtung durch Lichtquellen mit möglichst geringem Ultraviolettanteil gezeigt werden. Direktes Tageslicht ist fernzuhalten.“
 — (aus den eigenen Vorschriften der Stadt dazu, wie bei Ausstellungen mit Büchern umgegangen werden muss).

Diese Frage beantwortet die Stadt gemeinsam mit der Museumsleitung wie folgt:

„Das Ausstellungskonzept wird gemäß den konservatorischen Anforderungen realisiert. Zum einen wird die Glasqualität auf die bauphysikalischen und musealen Anforderungen abgestimmt. Zusätzlich kann gesteuerter Sonnenschutz bei Erfordernis eingesetzt werden. Eine indirekte künstliche Beleuchtung schaltet sich übergangslos in den Abendstunden dazu, sodass ein gleichmäßiger Lichteinfall gewährleistet ist.

Ein solches System hat sich im modernen Museumsbau bewährt und wird daher häufig eingesetzt. Vergleichbare Ausführungen finden sich zum Beispiel im Kunsthaus Bregenz oder in der Erweiterung des Städel Museums in Frankfurt. Darüber hinaus werden besonders wertvolle Objekte zusätzlich in Vitrinen geschützt.“

http://www.mainz.de/microsite/gutenberg/gutenberg-museum/zukunft-gutenberg-museum_faq.php

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Das Raumkonzept passt nicht zu den notwendigen Lichtverhältnissen. Der offene Übergang von dem Treppenabgang in die Schatzkammer ist aufgrund der erforderlichen Dunkelheit so nicht realisierbar. Die Ausstellung der Bibeln muss zu deren Schutz quasi im Dunkeln erfolgen. Entweder muss daher der Zugang/Treppenabgang ebenfalls dunkel sein, oder die Schatzkammer muss hiervon abgetrennt werden.

Die Erarbeitung des Raumkonzeptes erfolgte in enger Abstimmung mit der Museumsleitung. Im Übrigen gilt das unter Nr. 6 Gesagte.

8

Die gezeigte luftige Fassade ist eine Fehldarstellung. Nach den Aussagen von Frau Grosse soll man durch die Lichtschächte von außen in die Schatzkammer hinein- und herausschauen können. Laut Architekt Kausch wird aber direkt hinter der Buchstaben-Fassade ein massives und stabiles Lochblech angebracht, welches das Hochklettern an der Fassade sowie das Eindringen von Tauben hinter die Fassade verhindern soll. Weiterhin werden die Lichtschächte zum Schutz der Bibeln verdunkelt werden müssen (siehe Punkt 6). Damit kann es gar keine luftige Fassade und auch kein Hinein- und Herausschauen geben.

Die durchbrochene Fassade ist keine Fehldarstellung. Zwar liegen noch keine Detailplanungen vor, jedoch ist der Charakter der Fassade festgeschrieben. Richtig ist, dass die Anmutung der Letternfassade durch die rückwärtigen Sicherungsmaßnahmen gegen Vandalismus und Tauben nicht beeinträchtigt werden darf. Im Rahmen der weiteren Durcharbeitung wird dies zu berücksichtigen sein.

Der freie Durchblick von außen auf die Bibeln kann nur ein Missverständnis sein. Die zitierte Aussage von Frau Grosse bezog sich wohl eher auf die Einblicke durch das Fenster zum Dom am Übergang von Schellbau zum neuen Ausstellungsraum. Dort befindet sich gerade keine Letternfassade.

Die Stadt Mainz beantwortet diese Frage so:
Die Frage der Materialität der Lettern-Haut wird erst in der Ausführungsplanung abschließend geklärt.
Erklärtes Ziel der  Fassaden- und Lichtplanung ist es, dass der Bibelturm nach Fertigstellung wie auf den Visualisierungen dargestellt wirkt.“

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Die rotbraune Bronze-Fassade, die nach Aussage von Frau Grosse so gut zum Dom passen soll, wird oxidieren und eine dunkle, schwarz-grüne Farbe annehmen. Dieser Prozess wird durch die Einwirkung von Taubenkot noch beschleunigt. Bereits nach 70 Tagen Einwirkdauer von Taubenkot ist eine sehr deutliche Veränderung zu erkennen (Quelle: TU Darmstadt).

Die genaue Zusammensetzung der Metalllegierung für die Fassade wird im Rahmen der weiteren Durcharbeitung und unter Berücksichtigung der Materialeigenschaften festgelegt.

Die Stadt Mainz beantwortet diese Frage so:

„Die Frage der Materialität der Lettern-Haut wird erst in der Ausführungsplanung abschließend geklärt.
Erklärtes Ziel der  Fassaden- und Lichtplanung ist es, dass der Bibelturm nach Fertigstellung wie auf den Visualisierungen dargestellt wirkt.“

http://www.mainz.de/microsite/gutenberg/gutenberg-museum/zukunft-gutenberg-museum_faq.php

Die zitierte Studie der TU Darmstadt wurde in anderem Zusammenhang erstellt und ist im Hinblick auf die Letternfassade begrenzt aussagekräftig, zumal Maßnahmen gegen einen Aufenthalt der Tauben in der Fassade getroffen werden. (vgl. Nr. 8)

10

Eine stark strukturierte Fassade (Buchstaben-Gitter und dahinter Lochblech) wird sich mit allerlei Verschmutzung zusetzen (Unrat, Blätter, Blütenpollen) und der Einwirkung von Tauben ausgesetzt sein. Wie wird die Reinigung der Fassade und der Lichtschächte von außen erfolgen? Die Reinigungskosten werden die laufenden Kosten des Museums wesentlich steigern.

Die Frage nach der Reinigung wurde seitens der Stadt in den FAQs beantwortet:

„Die Höhe des Turmes von 20,50m lässt eine turnusmäßige Reinigung von außen über Hubsteiger zu. Die Perforation der direkt hinter den Metallbuchstaben liegenden Fassadenebene ist so fein gewählt, dass auch kleine Gegenstände oder Insekten nicht dahinter fallen können. Die Fassaden, die in der lotrechten Vertikalen geplant sind, müssen daher nicht in der inneren Ebene der Unterkonstruktion gereinigt werden. Der Bereich hinter der Schrägfassade, in dem sich auch die Fensterbänder befinden, ist über öffenbare seitliche Fassadenpaneele zugänglich und kann bei Bedarf gereinigt werden.“

http://www.mainz.de/microsite/gutenberg/gutenberg-museum/zukunft-gutenberg-museum_faq.php

Last but not Least

Die drei großen, 60 Jahre alten Bäume werden gefällt und die Ästhetik des Liebfrauenplatzes, des beliebtesten Platzes der Stadt, stark beeinträchtigt.

Den drei zu fällenden Platanen steht ein Mehrfaches an Platanen gegenüber, die aufgrund der sehr flächenökonomischen Lösung von DFZ Architekten auf dem Liebfrauenplatz erhalten werden können. Zahlreiche der nicht ausgewählten Alternativentwürfe haben weit stärker in den derzeitigen Baumbestand eingegriffen. Die Flächenökonomie war ein Grund für die Jury, den Entwurf auszuwählen.

Die Platanen auf dem Liebfrauenplatz waren zwar seit jeher als Platzhalter für eine bauliche Maßnahme gepflanzt und insofern von Anfang an für eine Fällung vorgesehen, doch respektiert der gewählte Entwurf gerade den inzwischen in der Stadt gewachsenen Wunsch, ein Maximum an Grün sei auf den Plätzen der Innenstadt zu bewahren.

Das Erscheinungsbild des Platzes wird durch den ersten Bauabschnitt, genannt Bibelturm, vorsichtig entwickelt. Genau dies geschah über die Jahrhunderte immer wieder. Steter Wandel ist das Kennzeichen historischer Städte. Wer ein Ende dieses steten Anpassungsprozesses verlangt, schneidet nicht nur die Zukunft ab, er beschädigt auch das Erbe der Vergangenheit.

Auch für den Liebfrauenplatz gilt, dass man besser das Feuer weitertragen sollte, statt die Asche zu bewahren.